Alleiniges Sorgerecht
Die elterliche Sorge für ein Kind besteht aus vielen Teilbereichen. Die wichtigsten Bereiche der elterlichen Sorge sind die finanziellen Angelegenheiten (Vermögenssorge), medizinische Fragen (Gesundheitsfürsorge) sowie Angelegenheiten des Wohnorts und der Betreuung in einer öffentlichen Einrichtung (Aufenthaltsbestimmungsrecht).
Grundsätzlich sind beide Elternteile Inhaber des Sorgerechts.
Ausnahmsweise kann das Sorgerecht auch nur einem Elternteil zustehen, dieser ist dann Alleinsorgeberechtigter.
Der Inhaber des alleinigen Sorgerechts darf Entscheidungen für alle Lebensbereiche des Kindes allein treffen. Die Zustimmung des anderen Elternteils wird nicht mehr benötigt. Diese Entscheidungen beziehen sich zum Beispiel auf den Aufenthaltsort des Kindes, welche Schule es besucht oder auf ärztliche Eingriffe.
Im Fokus für die Eltern und das Gericht steht immer das Kindeswohl. Das alleinige Sorgerecht kann beantragt werden, wenn von dem anderen Elternteil eine Gefahr für das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes ausgeht. Diese Gefährdung muss objektiv bestehen. Der Entzug des Sorgerechts als wesentlicher Teil des Elternrechts ist ein Grundrechtseingriff. Das alleinige Sorgerecht wird nur in Ausnahmefällen auf einen Elternteil übertragen.
Es ist nicht ausreichend, wenn ein Elternteil angibt, dass das andere Elternteil „ein schlechter Umgang“ für das Kind sei. Es müssen triftige Gründe und Beweise für dessen Gefährdung vorliegen. Differenzen zwischen den Eltern über Erziehungsfragen, eine unterschiedliche Lebensauffassung oder ein anderer Lebensstil sind kein Anlass, einem Elternteil die Alleinsorge zu übertragen.
Grund für das alleinige Sorgerecht eines Elternteils kann z. B. eine Suchterkrankung, gewalttätiges Verhalten, grundlose Verweigerung von Mitwirkung bei wichtigen Entscheidungen und vor allem Missbrauch durch den anderen Elternteil sein.
In diesen Fällen wird auch das Familiengericht tätig.
Das alleinige Sorgerecht kann formlos beim Familiengericht beantragt werden. Ist der andere Elternteil, dem das Sorgerecht entzogen wird, mit dem Antrag einverstanden, erleichtert das den Prozess. Dieser geht dann meist schnell und ist eher unbürokratisch. Häufig wehrt sich die andere Seite jedoch gegen den Antrag. Tritt dieser Fall ein, wird auch das Jugendamt eingeschaltet.
Häufig versucht das Familiengericht zwischen den Eltern unter Mitwirkung des Jugendamts oder einer Erziehungsberatungsstelle zu vermitteln. Sind sich die Eltern in einzelnen Fragen nicht einig, kann das Gericht auch lediglich die Entscheidungsbefugnis in Teilbereichen der elterlichen Sorge auf einen Elternteil übertragen, statt das alleinige Sorgerecht insgesamt.
Lassen sich die Eltern scheiden, bedeutet das nicht, dass einem Elternteil automatisch das alleinige Sorgerecht zusteht. Wenn kein Elternteil anlässlich der Scheidung einen Antrag auf die alleinige elterliche Sorge stellt, bleibt es beim Gemeinsamen Sorgerecht. Die Eltern sollten sich in wesentlichen Fragen, die das Kind betreffen, auch nach der Scheidung einigen. Häufig vereinbaren Eltern anlässlich der Scheidung eine wechselseitige Bevollmächtigung oder einigen sich, wer welche Dinge für das Kind regelt (Sorgevereinbarung).
Der alleinige Sorgeberechtigte kann ohne Zustimmung des anderen Elternteils alle Entscheidungen eigenständig fällen, die das Kindeswohl betreffen. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht, also die Entscheidung über den Aufenthaltsort des Kindes, obliegt dann ausschließlich dem alleinigen Sorgeberechtigten. Auch Entscheidungen zur Schulausbildung, Behandlungen oder ärztlichen Eingriffen können ohne Zustimmung des anderen Elternteils getroffen werden.
Wird das alleinige Sorgerecht beantragt und durchgesetzt, hat das keine Auswirkungen auf den zu zahlenden Unterhalt. Weil kein Mitwirkungsrecht bei Entscheidungen besteht, hat der unterhaltspflichtige Elternteil, kein Recht darauf, diesen zu kürzen. Im Gegenzug darf der andere Elternteil auch nicht mehr Geld verlangen.
Auch wenn einem Elternteil das Sorgerecht entzogen wird, hat er immer noch das Umgangsrecht. Es ist nur in Ausnahmefällen (zum Beispiel bei Gewalttätigkeit) möglich, dem Elternteil den Kontakt zu dem Kind gegen seinen Willen vollständig zu untersagen. Je nach dem, welcher Grund zur Übertragung der Alleinsorge auf einen Elternteil führte, muss das Umgangsrecht entsprechend gestaltet werden. Das Gericht kann dazu auch betreuten Umgang anordnen.